Glück ist seine Freude in der Freude anderer zu finden – Bernanos (zitiert von Frédéric Lenoir in La Puissance de la joie, Le Livre de Poche)
Die englische Bezeichnung AIUME steht für “Adapting Indian Universals in Music Education”: respektvollen Zugang zu einer Kultur, in der Musik als Schlüssel zum interkulturellen Dialog wie auch zur Entdeckung der eigenen Kreativität gilt.
Mit berührenden Melodien und mitreißenden Rhythmen helfen wir Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen, sich auf freudige und selbstbewusste Weise auf das gemeinsame Musizieren einzulassen. Dafür sind keinerlei Vorkenntnisse erforderlich.
Der Begriff “Wechselbeziehungen” schließt einen bestimmten harmonischen Verlauf in sich ein, der diejenigen strengen Gesetze der Harmonielehre verletzt, deren eigentlicher Sinn ein glatter und wohlklingender Verlauf der Stimmen im Kontrapunkt ist. Die Musik unserer Zeit befolgt diese Gesetze nicht mehr, noch waren Meister je von Regeln abhängig. […]
Es gibt keinen günstigeren Platz als Israel, um die gegenseitigen Beziehungen zwischen den östlichen und westlichen Kulturen zu erforschen. Israel ist nicht nur geographisch an genau der Stelle gelegen, wo sich drei kraftvolle Ströme begegnen: aus Afrika, Asien und Europa; die Volksgruppen, aus denen sich die Bevölkerung Israels zusammensetzt, zeigen selbst ein dynamisches und lebendiges Abbild der äußerst komplexen und reizvollen Modelle, welche der Wechselwirkung dieser verschiedenen Ströme entstammen. So ist dieses Buch über eine wissenschaftliche Studie hinaus in lebendiger Erfahrung verwurzelt und daher ein aktuelles und fesselndes Dokument.
Ein Hauptbeitrag Europas ist die Kraft, die Fähigkeit, der Wille zur Synthese. In Europa haben sich all diese großen Ströme zusammengefunden: aus Asien von der Mongolei im Norden bis Indien im Süden – in den Magyaren und Zigeunern [Sinti und Roma]1 Ungarns vereint […]
Es ist deshalb umso mehr die besondere Pflicht unseres Zeitalters zu versuchen, diese unendlich komplexen Wechselbeziehungen mit einer Mischung von Voraussicht und Vision zu verstehen und klarzulegen und dabei die große Fähigkeit zu nutzen, die wir wie alle Völker und Kulturen besitzen: die Kraft zu geben und zu nehmen, zu lehren und zu lernen; denn wir werden stets voneinander abhängig sein. Nur in solchem Geist der Demut können wir das Bestmögliche erreichen, oder zumindest dem Schlimmsten entgehen, das immer vielfältigere und bezwingende Verflechtungen uns zu bringen haben.
Yehudi Menuhin London, Januar 1977 (aus dem Englischen übersetzt)
Quelle: Musik zwischen Orient und Okzident: Eine Kulturgeschichte der Wechselbeziehungen von Peter Gradenwitz S. 390-392 | Details: http://www.worldcat.org/oclc/1046379134
Mir bedeutet unendlich viel, an der Musik Indiens aktiv teilzunehmen: in immer neuen Sequenzen jede Note und jede Geste auszukosten; mit den flexiblen Spannungen von Ton und Rhythmus das Gehör zu schulen; die allgemeine Aufnahmefähigkeit zu steigern.
Zitat: Erläuterungen zum Begriff „Zigeuner“ über die Notwendigkeit einer differenzierteren Bezeichnung, die sich jedoch erst lange seit dem Erscheinen dieses Buchs im Jahre 1977 durchsetzen konnte: „Zigeuner“ ist eine von Klischees überlagerte Fremdbezeichnung der Mehrheitsgesellschaft, die von den meisten Angehörigen der Minderheit als diskriminierend abgelehnt wird – so haben sich die Sinti und Roma nämlich niemals selbst genannt. Die Durchsetzung der Eigenbezeichnung Sinti und Roma im öffentlichen Diskurs war von Anfang an ein zentrales Anliegen der Bürgerrechtsbewegung, die sich vor allem seit Ende der Siebzigerjahre in der Bundesrepublik formierte. Dadurch sollte zugleich ein Bewusstsein für jene Vorurteilsstrukturen und Ausgrenzungsmechanismen geschaffen werden, die im Stereotyp vom „Zigeuner“ ihre Wurzeln haben. […] Die Begriffe Sinti und Roma sind nicht, wie häufig unterstellt, „politisch korrekte“ Erfindungen der Bürgerrechtsbewegung, sondern tauchen in Quellen bereits seit dem 18. Jahrhundert auf. […] Als schillernde Projektionsfläche sagt es viel über die Fantasien, Ängste und Wünsche derer aus, die es benutzen. Mit der Lebensrealität der Sinti und Roma hat es schlicht nichts gemein. Zugriff: https://zentralrat.sintiundroma.de/sinti-und-roma-zigeuner/ [6. Juni 2022] Fettdruck zur Betonung hinzugefügt[↩]
Die Teilnahme am Workshop setzt keine Vorkenntnisse voraus. Es geht hier um eine besondere Art des gemeinsamen Musizierens, die selbst ohne Instrumente erlernbar ist:
aus Freude daran, selbst Musik zu machen
neue und faszinierende Horizonte zu entdecken
Kontakt mit einer anderen Kultur
Zielgruppen
Besonderer Wert wird darauf gelegt, alle Aktivitäten und das Lerntempo an die Interessen und Fähigkeiten der jeweiligen Teilnehmer anzupassen:
Laien, Musiker, Musikpädagogen, Kinder, Körperlich und geistig Behinderte (Rehabilitation und Sonderpädagogik), Intensivkurse für Musiker, Sozialarbeiter und Therapeuten (Referenzen auf Anfrage).
Vielfalt
Eine unendliche Vielfalt kunstvoll verknüpfter Melodien und Rhythmen ist hierbei der Schlüssel zur Erweiterung unseres Horizontes.
Der Workshop wird in Zusammenarbeit mit anderen Kultureinrichtungen, Schulen, Konservatorien und Universitäten durchgeführt.
Zu den Inhalten des Workshops gehören, je nach Absprache
Singen von Tönen (“Saptasvara”, die sieben Tonsilben)
Raga-Melodien mit der natürlichen Stimme mit und ohne Verzierungen
Zeitempfinden und rhythmische Silben (Tala)
Darstellen von metrischen Zyklen mit den Händen
Spielen der akustischen Tambura (Bordunlaute) und Zymbeln
Zwischentöne und Verzierungen bewußt einsetzen
Gemeinsames Musizieren: improvisatorische Anwendung von Raga und Tala mit Einsatz einer akustischen Tambura
Das wichtigste Begleitinstrument Indiens zierte die Salons von Fürsten, Kaufleuten und Kurtisanen. Seit dem frühen 20. Jahrhundert beflügelt der Klangreichtum gerade dieses Instruments die Fantasie eines neu entstehenden Konzertpublikums. Seither ist die aktive Teilnahme von Rasika genanntenMusikliebhabern nicht mehr aus dem Musikleben Indiens wegzudenken.
Die Tambura (Tānpūrain Nordindien) hat meist vier Saiten. Ihre heutige Form ist seit dem 17. Jahrhundert bekannt und vereinigt Merkmale der indischen Zither(Vīnā oder Bīn) mit denen der Langhalslaute.
Von ähnlichen Instrumenten benachbarter Regionen (Tanbur) unterscheidet es sich sowohl durch seine Funktion als durch seine Spielweise. Spätestens seit dem 13. Jahrhundert bedienen indische Musiker sich nämlich eines Grundtons “Sa”, den sie – je nach Stimmlage oder Soloinstrument – frei wählen können.
Als Halteton (Bordun) bildet “Sa” den Ausgangspunkt für melodische Gestalten, die man mit “Färbung des Geistes” (Rāga), also Gefühlsausdruck,bezeichnet. Ein reicher Fundus recht unterschiedlicher Ragas ermöglicht es, jede nur denkbare Stimmung (Rasa) auszudrücken.
Auf dieser scheinbar einfachen Grundlage entwickelten sich 72 Tonleitern als Orientierung für Komponisten, Musiker und Tänzer. Zudem schafft die Tambura ein geeignetes Umfeld, in dem der musikalische und poetische Ausdruck vieler Epochen und Kulturen zu einem Ganzen zusammenwachsen – und doch immer persönlich – bleiben konnte.